Läuft wie cashmeret

Man spürt es derzeit schon am Wetter: Der Herbst ist unaufhaltsam unterwegs. So langsam sehnen wir uns nach dem smarten Pullover oder dem flauschigen Schal, die wir im Frühjahr in die hintersten Ecken des Kleiderschranks verbannt hatten. Vorbei die Zeiten unserer Kindheit, als wir Ommas gestrickte Pudelmütze aus kratziger Wolle tragen mussten, wenn wir keinen Ärger mit unseren Eltern wollten: Die herrliche Cashmere-Wolle umfließt unseren Körper so sanft wie eine warme Brise.

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Wer einmal Cashmere getragen hat, weiß: Es lohnt sich. Die Ziegen werden dem zustimmen: Aus ihrem weichen Unterhaar der Halsregion wird die Wolle nämlich gewonnen. Seit etwa 1000 vor Christus wird Kleidung aus den Haaren der Wollziegen in den Naturfarben Weiß, Grau, Braun und Schwarz hergestellt. Heute wird das Naturprodukt vor allem in China, der Mongolei, der Türkei und dem Iran sowie dem mittelasiatischen Hochland produziert, aber auch in Zuchtfarmen in Australien, Neuseeland, Schottland und Kirgisistan. Keine Sorge übrigens, die Tiere stört’s nicht: Die Unterwolle wird vor der Verarbeitung einfach mit einem feinen Kamm ausgekämmt, und zwar im Frühling, wo die Ziegen froh sind, etwas Hilfe beim ohnehin anstehenden Fellwechsel zu erhalten. Anschließend wird die Unterwolle von den groben Deckhaaren getrennt, die vor der Verarbeitung sorgfältig aussortiert werden.

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Was die Wolle so wertvoll macht, ist die besondere Feinheit der Haare, die bei geringem Gewicht besonders gute Wärmedämmeigenschaften hat und sich vor allem wunderbar weich anfühlt. Tatsächlich ist sie feiner, weicher, leichter und gleichzeitig robuster als Schafswolle und verfügt über die dreifache Wärmespeicherung. Ein edler, figurbetonter Cashmere-Pullover hält also mindestens ebenso warm wie Ommas schrecklicher Strickpullover aus extrem dicker Wolle, den wir zu Weihnachten bekommen haben.

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Am wertvollsten ist die Wolle ohne anderen Faseranteil (etwa Merino), so weich, leicht und hell wie möglich: Die weißen Fasern nehmen wunderbar Farbe auf. Wer also etwas wagen möchte, muss nicht zu den typischen gedeckten Tönen greifen. Wenn Sie sichergehen wollen, reine Cashmere-Wolle zu erhalten, muss das Produkt die Bezeichnung „100 % Cashmere“ tragen. Lautet sie lediglich „Cashmere“, so muss der Anteil immernoch 85 % betragen.

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Vielleicht die Königsklasse der Edelwollprodukte sind maßgefertigte Mäntel aus Cashmere. Der unverzichtbare Begleiter für die kühleren Tage hält kuschelig warm und unterstreicht die Figur gleichzeitig auf die bestmögliche Weise, denn er trägt nicht auf und passt zum Anzug ebenso optimal wie zum casual Outfit.

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Das Kleidungsstück, das die Cashmere-Wolle so richtig populär machte, war übrigens – ganz profan – ein Paar Socken! Im 14. Jahrhundert schenkte nämlich der Perser Mir Ali Hamadani dem Sultan von Kaschmir ein paar wollene Strümpfe, nachdem er die besondere Weichheit der Wolle erkannt hatte. Dieser war von dem Präsent und dessen Wirkung auf seine Füße so begeistert, dass er im Anschluss eine Schalwebeindustrie aus dem Boden stampfte – nicht zuletzt dank des Knowhows seines persischen Gasts. So trat das Gewebe seinen Siegeszug an, bis es sogar von Napoleon favorisiert wurde…

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